Ich war schon immer ein zorniger Mensch, ja sogar jähzornig. In meinen jungen Jahren habe ich sogar einmal einen wildfremden Mann angegriffen, wegen einer Nichtigkeit. Mein Zorn war Mitschuld am Scheitern meiner ersten Ehe und hätte mich beinahe meine zweite gekostet. Noch heute nennt mich meine jetzige Frau liebevoll ihr „Rumpelstilzchen“.
Zornig werden wir, wenn wir ungerecht behandelt werden. Sei es, dass uns jemand im Auto schneidet oder in der Schlange vordrängelt. Dabei muss es sich noch nicht mal um eine objektive Ungerechtigkeit handeln, es reicht das Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein.
Von daher hat Zorn auch seine gute Seite: Er lässt uns aufstehen gegen die Ungerechtigkeiten dieser Welt.
Ja, es gibt ihn, diesen heiligen Zorn, ein Zorn, den selbst GOTT verspürt. Aber der große Apostel Paulus macht in Römer 12,19 deutlich: Rächt Euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn GOTTES; denn es steht geschrieben: „Die Rache ist Mein; Ich will vergelten, spricht der HERR.“
Genau so und nicht anders sollten wir mit unserem Zorn umgehen: Wir legen ihn Jesus vor die Füße!
Das heißt nicht, dass wir nicht gegen Ungerechtigkeiten aufstehen und für die Unterdrückten und Minderheiten einstehen sollten. Nein, ganz bestimmt nicht, aber zuerst bringen wir unseren Zorn, all‘ unsere Wut und Verletztheit zu GOTT. Wie das geht, können wir aus den Psalmen lernen. Wir finden hier oft wütende Beter, Beter mit geballten Fäusten sozusagen.
Wenn wir GOTT unseren Zorn abgeben, haben wir ein Ventil. Wir können Ihm all‘ unseren Schmerz entgegenschleudern, Ihn sozusagen als himmlischen Sandsack benutzen, genau wie die Psalmbeter. Schau Dir doch nur an, welch drastische Worte sie benutzen. Ein Beispiel gefällig? Tochter Babel, Du Verwüsterin, wohl dem, der Dir vergilt, was Du uns getan hast! Wohl dem, der Deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen zerschmettert (Psalm 137,8f)!
Aber sie alle setzen letztendlich ihr Vertrauen in GOTT, dass Er es richten wird, im doppelten Sinne dieses Wortes.
Ja, das geht, selbst mit unserem größten Zorn sind wir bei GOTT gut aufgehoben.
Dann, und nur dann, kann GOTT unseren unbändigen Zorn nehmen und ihn in heiligen Zorn verwandeln. Ein Zorn, der aufsteht, um die Welt zu verändern.
Es brauchte 25 Jahre mit GOTT, um meinen Zorn halbwegs unter Kontrolle zu bekommen. Noch immer bin ich verletzt, habe Wunden, die mir das Leben geschlagen hat. Weh dem, der diesen Verletzungen zu nahe kommt. Aber es geht immer besser, Stück für Stück werde ich heil und jähzornig bin ich schon lange nicht mehr, auch wenn ich immer noch das „Rumpelstilzchen“ meiner Frau bin. Aber gemeinsam lernen wir beide, mit Jesu Hilfe, damit besser umzugehen.